Wissensmanagement Teil 1 Strategie & Ziele definieren

Wissensstrategie und –ziele definieren

Erfolgsfaktor Know-how

In Industrieländern wie Deutschland hängt der Geschäftserfolg heute maßgeblich von der Kompetenz eines Unternehmens oder einer Organisation ab, seine Kunden zufriedenzustellen. Dieser Anspruch geht weit über die Fähigkeit einer guten Produktion oder Dienstleistung hinaus. Denn dazu gehört unter anderem, das eigene Unternehmen im Kontext von Markt, Kunden, Lieferanten und Investoren betrachten zu können.

Als führende internationale Qualitätsnorm bezieht die im September 2015 aktualisierte DIN EN ISO 9001 diese Anforderungen in ihrer neuen Version ein. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist das „Wissen der Organisation“ (Wissensmanagement), welches neu in Kapitel 7 aufgenommen wurde. Während einer Übergangsfrist bis September 2018 haben Unternehmen die Möglichkeit, dies zu erfüllen und nachzuweisen.

Das comundus 10-Punkte-Modell für Wissensmanagement in Organisationen

Zwar wird in der DIN EN ISO 9001:2015 ein systematischer Umgang mit Wissen gefordert. Notwendiges Wissen zur Durchführung von Prozessen soll dabei festgehalten werden und für alle Mitarbeiter verfügbar sein. Allerdings werden weder Empfehlungen noch Vorgaben dazu gemacht, wie dies in der Praxis umgesetzt werden soll.

In dieser Serie zum Wissensmanagement werden wir die Themen unseres 10-Punkte-Modells im Einzelnen vorstellen. Dieses Instrument hilft Unternehmen und Organisationen, den aktuellen Status ihres Wissensmanagements zu beurteilen und zeigt gleichzeitig die konkreten nächsten Schritte auf.

  1. Wissensstrategie und –ziele definieren
  2. Wissensbedarf ermitteln
  3. Wissen identifizieren
  4. Wissensanwendung fördern
  5. Wissen transparent machen
  6. Wissen aufbereiten
  7. Wissen (ver)teilen
  8. Wissen bewahren oder entfernen
  9. Wissen erwerben
  10. Wissen bewerten
Wissensmanagement

Das Modell basiert auf dem Potsdamer Wissensmanagement-Modell bzw. auf den sechs Kernprozessen nach Probst, Raub und Romhardt [probst:S.30]. Zudem bezieht es Elemente des ISO-Reifegradmodelles ISO 9004:2000 ein.

Punkt 1: Wissensstrategie und –ziele definieren

Die Definition von Wissensstrategie und Wissenszielen eines Unternehmens oder einer Organisation ist die Grundlage für ein sinnvolles Wissensmanagement. Diese leiten sich aus Unternehmensstrategie und –zielen ab. Es würde den Rahmen dieses Themas sprengen, hier die Ermittlung von Unternehmenszielen darzustellen.

Ähnlich wie bei den Zielen einer Organisation lassen sich hier strategische von operativen Wissenszielen abgrenzen.

Strategische Wissensziele

Strategische Wissensziele konzentrieren sich in der Praxis meist auf die Märkte und den Wettbewerb: Welches Wissen wird benötigt, um die Marktposition auszubauen oder eine bestehende Marktführerschaft im Wettbewerb zu halten. Zentral ist hierbei die Positionierung der Organisation. Damit verbunden das Wissen um die eigenen Stärken und Schwächen: Was macht die Marke oder die einzelnen Produkte für den Kunden attraktiv? Dementsprechend stehen folgende Themen im Fokus:

  • Gesamtmärkte und relevante Teilmärkte
  • Wettbewerb
  • Positionierung der Organisation und ihrer Angebote
  • Kunden-Zielgruppen und ihre Besonderheiten

Operative Wissensziele

Operative Wissensziele konkretisieren die strategischen Ziele. Wesentliche Zielelemente für das Wissensmanagement sind dabei folgende Punkte:

  • Art der Organisation: Produzent, Dienstleister, öffentliche Hand/Verwaltung, NGO. Diese prägt nicht nur die Form der internen Prozesse (z. B. Herstellungsverfahren oder Durchführung von Dienstleistungen), sondern auch maßgeblich den in der neuen ISO 9001:2015 hervorgehobenen „Kontext der Organisation“. Zum einen soll laut ISO 9001 die Organisation und ihr Kontext verstanden werden, zum anderen die Erwartungen und Anforderungen ihrer Stakeholder (Management, Investoren, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Presse usw.)
  • Angebotene Produkte oder Dienstleistungen. Diese stehen im Normalfall im Fokus des Wissensmanagements und machen einen großen Teil der Inhalte aus: In welchen Prozess-Schritten werden die Produkte hergestellt? Wie ist der optimale Ablauf der angebotenen Dienstleistungen? Welche rechtlichen Aspekte müssen dabei beachtet werden (z. B. internationale Normen, Hygienevorschriften, Sicherheitsbestimmungen)
  • Kunden: Auch die Form des Kundenkontakts von der ersten Bestellung bzw. Beauftragung bis hin zur Gewährleistungsphase sollte hier berücksichtigt werden. Dabei spielt Wissen um die Zielgruppen eine beträchtliche Rolle für den Unternehmenserfolg. Insbesondere im internationalen Wettbewerb genügt es heute nicht mehr, einfach ein gutes Produkt oder eine gute Dienstleistung zu erbringen. Sie muss sich durch konkrete Produktvorteile von den übrigen Angeboten abheben und dem Kunden einen unverwechselbaren Vorteil bringen. Dieser kann bei besonderen Qualitätsmerkmalen, besonders günstigen Kosten oder auch im ideellen Bereich (herausragendes Design, besonderer Komfort) liegen – der USP (Unique Selling Proposition) macht den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg.

STEP-Analyse

Ein hilfreiches Werkzeug zur Erarbeitung von Wissenszielen zu Produkten, Dienstleistungen sowie dem Kontext der Organisation, ist die sogenannte STEP-Analyse. Die Anfangsbuchstaben stehen für soziokulturelle, technologische, economic (wirtschaftliche) und politische Faktoren. So lässt sich jeder Punkt aus vier Ansichten betrachten:

  • Soziokulturelle Wissensziele: Welche soziokulturellen Eigenheiten muss die Organisation und seine Angebote beachten? Werden Zielgruppen aus verschiedenen Kulturen (z. B. Länder, Religionen) angesprochen, gibt es soziokulturelle Unterschiede (z. B. Sinus-Milieus)?
  • Technologische Wissensziele: Was muss hinsichtlich der Fertigung und Erbringung von Dienstleistungen beachtet werden? Welche Rolle spielt die technologische Entwicklung für die Organisation und ihre Angebote?
  • Wirtschaftliche Wissensziele: Soll oder muss die Produktion bzw. Dienstleistung wirtschaftlicher werden? Welches sind die kritischen Kostenfaktoren?
  • Politische Wissensziele: Welche Gesetze und Auflagen müssen beachtet werden (auch im Hinblick auf Export)?

Wissensstrategie

Im Rahmen der aus den Wissenszielen abgeleiteten Wissensstrategie wird schließlich das Wissensmanagement selbst betrachtet. Für Unternehmen wie 3M oder SAP spielt Wissensmanagement eine wesentliche Rolle und ist dementsprechend stark in der Unternehmensstrategie verankert. Bei anderen Organisationen spielt es eher eine untergeordnete Rolle. Dementsprechend muss hinterfragt werden: Welche Rolle spielt Wissen und Wissensmanagement für die Organisation und ihr Fortbestehen? In welchem Maß soll systematisches Wissensmanagement auf- oder ausgebaut werden? Was sind die Kernelemente dafür?

Bedeutung von Wissenszielen und -strategie

Zum Auf- und Ausbau eines systematischen Wissensmanagements, wie es in DIN EN ISO 9001:2015 ist dieser Punkt unabdingbar. In der Praxis ist es allerdings nicht unbedingt notwendig, sämtliche hier dargestellten Punkte von Anfang an bis ins Detail auszuarbeiten. Die groben Linien sollten jedoch skizziert werden und nach einer Analyse der erfolgskritischen Elemente diese feiner herausgearbeitet werden. Eine häufige Einführungs- und Ausbaustrategie für das Wissensmanagement besteht darin, mit bereits bekannten Wissen zu den Produkten und Dienstleistungen zu beginnen und dieses ggf. nach den oben beschriebenen Aspekten neu zu strukturieren. So entsteht eine erste Basis, von welcher aus ein weiterer Ausbau betrieben wird.

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Teil 4: Wissen richtig anwenden

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Teil 6: Wissen aufbereiten

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